Blasen mit Botschaften – Eos

This is an authorized translation of an Eos article. Dies ist eine autorisierte Übersetzung eines Eos artikels.

Vulkanische Gase sind der Motor von Vulkanausbrüchen. Sie bestimmen, ob die Vulkanausbrüche effusiv oder explosiv sind, und können während der Ruheperioden auch das vulkanische „Rohrleitungssystem” beeinflussen [Girona et al., 2015]. In diesen Ruheperioden können durch passives Entweichen von vulkanischen Gasen (d. h. ohne Eruption) beträchtliche Mengen Kohlendioxid (CO2) in die Luft gelangen [Carn et al., 2016]. Diese Emissionen können ihrerseits die Mengen an CO2 in der Atmosphäre und in den Meeren über ein weitaus größeres Gebiet beeinflussen [Aiuppa et al., 2019].

Wir sind drei Tage lang, manchmal mit vier Booten gleichzeitig, über einen See gefahren, dessen Oberfläche keinerlei Hinweise auf das riesige Magma-Reservoir unter dem Vulkankrater gab.

Die direkte Beobachtung von CO2-Emissionen aus subaerischen Vulkanen (die nicht unter Wasser liegen) ist wegen der hohen CO2-Vorkommen in der Atmosphäre technisch schwierig. Im Gegensatz dazu ist die Ermittlung von CO2, das von Vulkanen unter Wasser ausgestoßen wird, mithilfe von akustischen Instrumenten relativ unkompliziert.

Das Entweichen von CO2 am Seegrund war Gegenstand eines ungewöhnlich fokussierten Experiments, das von einer großen Gruppe Forschender verschiedener Disziplinen im vergangenen August am malerischen Laacher See in der Eifel durchgeführt wurde. Am Ufer des 2 Kilometer breiten, von Bäumen umstandenen Sees liegt die ehrwürdige 900 Jahre alte Benediktinerabtei Maria Laach. Der See selbst füllt den Krater eines Vulkans, der vermutlich Ende des Pleistozäns zum letzten Mal ausgebrochen ist. Unser multinationales Team aus 13 Vulkanologinnen, Sedimentologen, Ozeanografinnen und Hydrogeophysikern versuchte, Zusammenhänge zwischen diesen Gasaustritten, den umgebenden Sedimentstrukturen und Vulkantätigkeit nachzuweisen. Wir sind drei Tage lang, manchmal mit vier Booten gleichzeitig, über einen See gefahren, dessen Oberfläche keinerlei Hinweise auf das riesige Magma-Reservoir unter dem Vulkankrater gab. Bei unseren Feldstudien wurden wir nur von Fischern und Urlaubern auf Tretbooten unterbrochen.

Vom Ausbruch zur Blasenbildung

Gasaustritte in der Nähe von Vulkanen, die im Meer oder in Seen versunken sind, können Informationen liefern, die bei subaerischen Vulkanen nicht erfassbar sind. Der Seeboden des Laacher Sees weist zahlreiche dieser Gasaustritte auf und ist deshalb eine attraktive Option für unsere Studie.

Der Laacher-See-Vulkan erzeugte vor etwa 12.900 Jahren eine plinianische Eruption und spie dabei seine Asche bis nach Griechenland. Er schleuderte 20 Kubikkilometer Felsbrocken heraus, die als Tephra bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um das dichte Gesteinsäquivalent von 6.3 Kubikkilometer Magma [Schmincke et al., 1999], womit der Vulkanausbruch in seiner Heftigkeit der Eruption des Pinatubo im Jahr 1991 entsprach. Seit dieser gewaltigen Eruption bildete sich im Krater ein See, und der Vulkan ruht. In den letzten Jahren wurden im See allerdings bedeutende Fahnen aus Gasblasen beobachtet [Goepel et al., 2015] und hohe Konzentrationen von gelöstem CO2 gemessen.

Obwohl wir in der vorliegenden Arbeit die Zusammensetzungen der Blasen nicht untersucht haben, ist das im See enthaltene CO2 neueren geochemischen Analysen zufolge offenbar magmatischen Ursprungs, und der CO2-Gehalt der Bodenluft bewegt sich zwischen Atmosphärenwerten (0,03 %) und 100 % [Gal et al., 2011; Giggenbach et al., 1991]. Eine neuere Studie dokumentierte tief liegende Erdbeben von niedriger Frequenz, die vermutlich von Magmabewegungen unter dem Vulkan hervorgerufen wurden [Hensch et al., 2019]. Zurzeit gibt es allerdings keine Anzeichen für eine Vulkantätigkeit in der näheren Zukunft.

Schall, Sedimente und Stratifizierung

Wir teilten unsere 13-köpfige Gruppe in mehrere Teams auf, die verschiedene Aspekte des Sees und seiner Gasaustritte untersuchen sollten. Zwei Teams konzentrierten sich auf den Grund des Laacher Sees und den Gasaustritt in der Wassersäule, wobei sie die Fächerecholote iXblue Seapix 3-D und Norbit zur Charakterisierung der Blaseneruptionen einsetzten. Obwohl Echolote normalerweise zur Kartierung der Geländebeschaffenheit unter Wasser verwendet werden [Morgan et al., 2003], können sie auch Gasblasen im Wasser aufzeichnen. Die vom Echolot ausgesendeten Schallwellen werden von den Gasblasen zurückgeworfen und in der Wassersäule als hohe akustische Rückstreuungswerte registriert. Anhand dieser Rückstreuung kann man dann die Blasen bei ihrem Aufstieg verfolgen [Greinert et al., 2010] und den entsprechenden Gasfluss quantifizieren [Ostrovsky et al., 2008].

Teammitglied Zakaria Ghazoui prüft eine Hydrofoneinheit, die unter einem Floß im Laacher See angebracht ist. Bildnachweis: Corentin Caudron
Vier wissenschaftliche Teams untersuchten zudem, ob es Zusammenhänge zwischen den Stellen, an denen das Gas entweicht, und bestimmten Sedimentstrukturen am Seeboden gibt, wie etwa Gräben, kleine Senken und Pockennarben. Neben den Echolotprofilen gewannen wir mithilfe des parametrischen Echolots Innomar und des Sub-Bottom Profilers iXblue Echoes 10000 Chirp reflexionsseismische Profile, um die oberen 35 Meter Sedimentfüllung im Kratersee mit einer senkrechten Auflösung von etwa 8 Zentimeter abzubilden. Darüber hinaus setzten die Teams ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug ein, das optische Bilder vom Seeboden lieferte. Erste Ergebnisse aus diesen Studien zeigen klare Zusammenhänge zwischen den Gasaustrittsstellen und der Morphologie des Seebodens, wie mögliche Pockennarben und Gräben, und geben Aufschluss darüber, wie diese Geländeformen die vulkanische Entgasung in diesem Gebiet beeinflussen.

Ein Team erprobte neue Geräte, die wie die seismischen und Infraschall-Instrumente auf der Erdoberfläche für die Überwachung von Vulkanen unter Wasser eingesetzt werden könnten.

Ein Team erprobte neue Geräte, die wie die seismischen und Infraschall-Instrumente auf der Erdoberfläche für die Überwachung von Vulkanen unter Wasser eingesetzt werden könnten. So haben wir zum Beispiel ein Hydrofon – im Grunde genommen ein in Wasser getauchtes Mikrofon – dazu genutzt, um mehrere Stunden lang die Geräusche der Blasen aufzuzeichnen, die am Seeboden austreten. Wie bereits bei Blasen in anderen Vulkanseen beobachtet wurde [Vandemeulebrouck et al., 2000], strahlten die Gasbläschen im Laacher See Energie unter 5 Kilohertz aus; diese Übereinstimmung lässt die Überlegung zu, dass das Verfahren auch zur Überwachung verschiedener Vulkanregionen unter Wasser geeignet sein könnte.

Ein anderes Team suchte nach neuen Möglichkeiten zur Erkennung bevorstehender limnischer Eruptionen – eine typische Gefahr, die mit Vulkanseen einhergeht. Diese plötzlichen Gaseruptionen, die nicht unbedingt vulkanischen Ursprungs sind, können infolge der Stratifizierung des Seewassers entstehen, wenn eine Abfolge stabiler Wasserschichten, die von der Oberfläche zum Seeboden absteigend immer kühler werden, sich nicht vermischen. CO2, das in kühles Druckwasser in Seebodennähe dringt, löst sich rasch auf und kann stark anwachsen – wie Kohlensäure in einer gekühlten Flasche Sprudelwasser. Wenn eine Störung, wie ewa ein Erdrutsch, das Wasser aufwühlt und die Schichtung durcheinander bringt (wie beim Schütteln einer verschlossenen Sprudelwasserflasche), kann das CO2 zur Oberfläche aufsteigen und zu einer Eruption führen. Dabei bildet sich in der Atmosphäre eine sauerstoffarme Schicht, in der Menschen und Tiere ersticken können. Limnische Eruptionen forderten in der Vergangenheit zahlreiche Todesopfer: Bei der Nyos-Tragödie 1986 in Kamerun entwich CO2 explosionsartig aus dem Nyos-See und kostete rund 1.700 Menschen das Leben [Kling et al., 1987].

Ein mit Instrumenten bestücktes Floß treibt im August 2019 auf der glatten Oberfläche des Laacher Sees. Bildnachweis: Corentin Caudron
Dieses Team untersuchte die Möglichkeiten der elektrischen Impedanz-Tomografie und Methoden der Transienten-Elektromagnetik zur Erkennung der thermischen Stratifizierung des Sees von der Seeoberfläche aus. Erste Ergebnisse zeigen, dass diese berührungslosen Verfahren eindeutig eine Stratifizierung des Laacher Sees ausmachen konnten. Damit sind diese Methoden vielversprechend für die kontinuierliche Überwachung von Seen in der Zukunft, wo limnische Eruptionen die umliegenden Gemeinden gefährden könnten.

Das Verständnis der spezifischen und räumlichen Dynamik von vulkanischen Gasblasen bildet den Eckpfeiler in der Entwicklung einer neuer Generation von Frühwarnsystemen, die für die Risikobewertung von Vulkanen gebraucht werden. Die Feldstudie am Laacher See von 2019 lieferte eine Momentaufnahme der vulkanischen Gasaustritte unter Wasser, ihres Zusammenhangs mit den Sedimentstrukturen und ihrer möglichen Nutzung für die Überwachung von Gasaustritten und thermischer Stratifizierung. Die Analyse der gesammelten Daten sowie künftige Experimente werden in Entscheidungen einfließen, welche Rolle die methodisch breit gefächerten hydroakustischen Daten bei der laufenden wissenschaftlichen Arbeit zur Erhöhung der Vorhersagbarkeit vulkanischer und limnischer Eruptionen spielen werden.

Danksagung

Die Wissenschaftler dieser Expedition vertraten das Institut des Sciences de la Terre (Frankreich), die Firma iXblue, das Flanders Marine Institute und die Universität Gent (Belgien), die Technische Universität Wien (Österreich), das GFZ Helmholtz-Zentrum Potsdam und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LGB; Deutschland). Wir danken Thomas Vandorpe, Robin Houthoofdt, Koen De Rycker, Anouk Verwimp, Philipp Högenauer und Johannes Hoppenbrock herzlich für ihre Hilfe vor Ort und bei der Datenverarbeitung.

Verweise

Aiuppa, A., et al. (2019), CO2 flux emissions from the Earth’s most actively degassing volcanoes, 2005–2015, Sci. Rep., 9(1), 5442, https://doi.org/10.1038/s41598-019-41901-y.

Carn, S. A., L. Clarisse, and A. J. Prata (2016), Multi-decadal satellite measurements of global volcanic degassing, J. Volcanol. Geotherm. Res., 311, 99–134, https://doi.org/10.1016/j.jvolgeores.2016.01.002.

Gal, F., et al. (2011), CO2 escapes in the Laacher See region, East Eifel, Germany: Application of natural analogue onshore and offshore geochemical monitoring, Int. J. Greenhouse Gas Control, 5(4), 1,099–1,118, https://doi.org/10.1016/j.ijggc.2011.04.004.

Giggenbach, W. F., Y. Sano, and H. U. Schmincke (1991), CO2-rich gases from Lakes Nyos and Monoun, Cameroon; Laacher See, Germany; Dieng, Indonesia, and Mt. Gambier, Australia—variations on a common theme, J. Volcanol. Geotherm. Res., 45(3–4), 311–323, https://doi.org/10.1016/0377-0273(91)90065-8.

Girona, T., F. Costa, and G. Schubert (2015), Degassing during quiescence as a trigger of magma ascent and volcanic eruptions, Sci. Rep., 5, 18212, https://doi.org/10.1038/srep18212.

Goepel, A., et al. (2015), Volcano-tectonic structures and CO2-degassing patterns in the Laacher See basin, Germany, Int. J. Earth Sci., 104(5), 1,483–1,495, https://doi.org/10.1007/s00531-014-1133-3.

Greinert, J., et al. (2010), Atmospheric methane flux from bubbling seeps: Spatially extrapolated quantification from a Black Sea shelf area, J. Geophys. Res., 115, C01002, https://doi.org/10.1029/2009JC005381.

Hensch, M., et al. (2019), Deep low-frequency earthquakes reveal ongoing magmatic recharge beneath Laacher See Volcano (Eifel, Germany), Geophys. J. Int., 216(3), 2,025–2,036, https://doi.org/10.1093/gji/ggy532.

Kling, G. W., et al. (1987), The 1986 Lake Nyos gas disaster in Cameroon, West Africa, Science, 236(4798), 169–175, https://doi.org/10.1126/science.236.4798.169.

Morgan, L. A., et al. (2003), Exploration and discovery in Yellowstone Lake: Results from high-resolution sonar imaging, seismic reflection profiling, and submersible studies, J. Volcanol. Geotherm. Res., 122, 221–242, https://doi.org/10.1016/S0377-0273(02)00503-6.

Ostrovsky, I., et al. (2008), Quantifying gas ebullition with echosounder: The role of methane transport by bubbles in a medium‐sized lake, Limnol. Oceanogr. Methods, 6(2), 105–118, https://doi.org/10.4319/lom.2008.6.105.

Schmincke, H. U., C. Park, and E. Harms (1999), Evolution and environmental impacts of the eruption of Laacher See volcano (Germany) 12,900 a BP, Quat. Int., 61(1), 61–72, https://doi.org/10.1016/S1040-6182(99)00017-8.

Vandemeulebrouck, J., et al. (2000), Hydroacoustic noise precursors of the 1990 eruption of Kelut Volcano, Indonesia, J. Volcanol. Geotherm. Res., 97, 443–456, https://doi.org/10.1016/S0377-0273(99)00176-6.

Author Information

Corentin Caudron (corentin.caudron@univ-smb.fr), Institut des Sciences de la Terre (ISTerre), Grenoble, France; Marc De Batist, Ghent University, Belgium; Guillaume Jouve and Guillaume Matte, iXblue, La Ciotat, France; Thomas Hermans, Ghent University, Belgium; Adrian Flores-Orozco, Vienna University of Technology, Austria; Wim Versteeg, Vlaams Instituut Voor de Zee, Oostende, Belgium; Zakaria Ghazoui, GeoForschungsZentrum, Potsdam, Germany; Philippe Roux and Jean Vandemeulebrouck, ISTerre, Grenoble, France; and Bernd Schmidt, Landesamt für Geologie und Bergbau, Mainz, Germany

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